Platt zum Ersten

Frisch übersetzt und schon erstaufgeführt: Eine ganze Reihe erfolgreicher Theaterstücke gaben ihr Debut op Platt.

Een Hart ut Schokolaad (erstklassig ins Platt übertragen von Ulrike Stern und Rolf Petersen) nach der französischen Komödie Cœur chocolat (Ein Herz aus Schokolade) von Valerie Setaire wurde bei der NDB Neumünster Anfang November gefeiert. Der Chocolatier Heinrich Söte ist hier nicht nur auf der Suche nach seinem verlorenen Geschmacksinn, sondern auch nach einer neuen Aushilfe in seinem Laden. Und weil zwei wohlmeinende Freunde denken, eine neue Liebe könne Heinrich den Geschmack zurückbringen, tauchen nun nicht nur Bewerberinnen auf die ausgeschriebene Stelle, sondern auch Damen auf Partnersuche im Laden auf. Bis zum zart schmelzenden Happy End darf der Zuschauer hier einen „Sahnetrüffel der komödiantischen Bühnenkunst“ erleben, wie die Kritik der SHZ jubilierte. Ferner lobte man dort die Inszenierung der „feinsinnigen Komödie“ und hob hervor: „Alle acht Schauspieler schienen sich in ihren Rollen äußerst wohl zu fühlen. Die atmosphärisch dichte Komödie brauchte weder Slapstick noch derbe Witze, um das Publikum über zwei Stunden großartig zu unterhalten.“ (SHZ; 06.11.2017)

Auch Dat Wunner vun San Miguel feierte Erstaufführung. Die pointierte Übersetzung von Felix Borchert des Originals von Lars Albaum und Dietmar Jacobs – Verfasser erfolgreicher Comedy-Serien wie „Stromberg“ oder „Das Amt“ – sorgte im Oktober 2017 bei der NDB Flensburg beim Publikum für Jubel und im Flensburger Tageblatt für schwärmerische Kritiken, als von einem „gelungenen Paukenschlag“ zum Spielzeitbeginn und dem „turbulent urkomischen Skript“ ebenso berichtet wurde wie von „Riesenapplaus, Jubel und stehenden Ovationen“ für einen „Theaterabend voll unerwarteter, erfrischend moderner Komik“. Bis März 2018 können Sie sich noch selbst überzeugen vom bizarren Wunder, in dem ein miesepetriger Klodeckelfabrikant und eine flippige junge Frau die Körper tauschen – turbulente Folgen vorprogrammiert!

Eine weitere Komödie aus der beliebten Feder von Walter G. Pfaus, dessen Stücke seit Jahren erfolgreich laufen, stellte sich nun auch auf Niederdeutsch dem lachenden Publikum vor: Dor fleegt de Fetzen (übersetzt in bewährter Manier von Heino Buerhoop) unterhielt Anfang Oktober 2017 beim Theaterclub Fitzbek sein Publikum aufs Beste. Denn handfeste wie urkomische Familienstreitereien und skurrile Familien(mitglieder) gibt es wohl in jedem Idiom. Wie sollte es da bei Familie Schwarz anders sein – ein weiteres saftiges, aus dem Leben gegriffenes Stück des fränkischen Autors.

Als nächstes stand am 11. November beim Theater am Meer Wilhelmshaven die von Arnold Preuß gewandt ins Niederdeutsch gesetzte Liebeskomödie Post ut Talamone von Frank Pinkus an. Was als klassische „zwei sind sich spinnefeind, zwei lernen sich lieben“-Situation anfängt, überrascht mit mehreren unerwarteten Drehs und wird zu einer gefühlvoll-charmanten wie pointenreichen neuen Liebes-Chance eines altgedienten Ehepaars. Eine „kluge Komödie, die ebenso die leisen Töne wie die situationskomischen Momente miteinander verbindet“ (Zevener Zeitung). Das Fazit der Wilhelmshavener Zeitung (13.11.2017): „Ein rundum gelungener Theaterspaß“. Das Jeversche Wochenblatt (14.11.2017) kommentierte: „teilweise mit Situationskomik gespickt, regt aber auch zum Nachdenken an“.

Eine weitere bemerkenswerte Erstaufführung gab es 2017 zu verzeichnen: Hüüt Avend proovt John Barrymore von William Luce, Niederdeutsch von Felix Borchert, bei der Schleswiger Speeldeel am 2. Dezember 2017. Spöttisch, bitter, anrührend und mit lakonischem Witz gerät hier die letzte Probe eines einst gefeierten, nun vom ausschweifenden Leben gezeichneten Stars zur Abrechnung mit dem eigenen Scheitern. Spielbar mit nur einem Darsteller und einem Souffleur.

Letztere Stücke reißen auch in Klein- und Kleinstbesetzung ihr Publikum mit. Zwei weitere Stücke, die neu auf Niederdeutsch erschienen sind, können wir in dieser Hinsicht wärmstens empfehlen: De Huusmeestersche – übersetzt von Gerd Meier nach dem Stück Die Concierge von Karlheinz Komm – redet sich etwas von der Seele. Sie gibt aber nur nach und nach Details preis, die auf einen dunklen Moment in der Vergangenheit weisen – und liefert damit einen Solo-Theaterabend, der nicht nur sein Publikum von Anfang an bei der Stange hält, sondern einen unvergesslichen menschlichen Einblick liefert.

Mit nur zwei Darstellern kommt die viel gespielte Kammerkomödie Zimmer frei von Markus Köbeli aus, die wir sogar in zwei sehr schönen Übersetzungen anbieten. Ünnermeder söcht, die Übersetzung Felix Borcherts, wurde 2016 in Schleswig erstaufgeführt und in diesem Jahr in Braunschweig erfolgreich gezeigt. Arnold Preuß' Niederdeutsche Version Kamer free gibt es ab 8. März 2018 bei der NDB Cuxhaven zu sehen. Das Stück erzählt von der skurrilen, komischen und zugleich sehr anrührenden Begegnung und Annäherung zweier in höchstem Grade unterschiedlicher Menschen. Ein alter Mann am Ende seines Lebens und ein junges Mädchen, das sich dem Leben nicht stellen möchte, gründen eine Zweck-WG mit segensreichen Folgen.

– 12.01.2018