Theatrale Ideenschmiede

Wer glaubte, das Herz des Theaters schlüge in London oder New York, darf sich auf eine Überraschung gefasst machen: Einer der produktivsten Theaterköpfe lebt und arbeitet in Niedersachsen.

Als künstlerischer Leiter verantwortet Florian Battermann die Spielpläne von gleich mehreren privaten Boulevard- und Unterhaltungstheatern, der Komödie am Altstadtmarkt in Braunschweig, des Theaters am Aegi und auch des Neuen Theaters Hannover. Neben Unterhaltungsklassikern wie Der Mustergatte präsentiert er dem Publikum in diesen Häusern und auf höchst erfolgreichen Tourneen auch Krimi- und Thrilleraufführungen wie Sebastian Fitzeks Der Seelenbrecher und Agatha Christies Die Mausefalle, mit der das Braunschweiger Theater sogar nach London eingeladen wurde.

Der Austausch zwischen Hannover, Braunschweig und weiteren Häusern funktioniert bestens: So erlebten die rasante Multi-Kulti-Komödie Der Brautvater von Lydia Fox, die nach erfolgreicher Uraufführung in Hannover im Sommer auch in Braunschweig zu sehen war, oder Kerry Renards romantische Komödie Frühschicht bei Tiffany Premieren in anderen Theatern. Viele Stücke feierten in den zurückliegenden Spielzeiten ihre Ur- oder Erstaufführung in Braunschweig oder Hannover, andere wurden in Kooperation mit weiteren Theatern produziert, wie jüngst Valerie Setaires Komödie Ein Herz aus Schokolade, die in der Komödie Düsseldorf Premiere feierte, bevor sie auf Tournee ging.

Ein Markenzeichen der Häuser ist die Aufführung neuer Werke aus dem meist englischsprachigen Raum. So feierte am 9. März 2017 in Hannover das maritime Roadmovie Drei Mann in einem Boot nach dem Roman von Jerome K. Jerome in der Regie von Jan Bodinus Uraufführung. In dieser zwerchfellerschütternden Geschichte dreht sich alles um die Freunde Joe und Harry, deren gemütliches Herrenwochenende auf einem Hausboot durch den unerwarteten Besuch zweier Damen sowie einen blinden Passagier in turbulente Gewässer gelenkt wird.

Am 16. Oktober 2016 feierte Peter Colleys Thriller Gänsehaut seine deutschsprachige Erstaufführung und bot dem Publikum einen „spannenden, gut unterhaltenden, weil gut gemachten Theaterabend“ (Braunschweiger Zeitung). In diesem kanadischen Erfolgsstück zieht das Ehepaar Greg und Jane in ein einsames Bauernhaus, um den Nerven der eben erst aus der psychiatrischen Klinik entlassenen Jane Schonung zu gönnen. Doch gerade das Gegenteil tritt ein: Allerlei mysteriöse Vorfälle lassen Jane bis zum unerwarteten Schluss immer wieder an ihrem Verstand zweifeln.

Erfolge feierten auch deutsche Komödien wie Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt, von Florian Battermann nach dem Bestseller von Dora Heldt für die Bühne eingerichtet, sowie Jan-Ferdinand Haas' Hotel Mama über Veronika und Ulli, ein Ehepaar mittleren Alters, deren Leben zwischen den Auszugsplänen der eigentlich erwachsenen Kinder und den Einzugsplänen der immer noch höchst aktiven Eltern in ein höchst unterhaltsames Chaos gestürzt wird.

Uraufführungen wie Florian Battermanns und Jan Bodinus' Sherlock Holmes jagt Jack the Ripper und Kerry Renards Ganze Kerle voll im Takt rissen das Publikum vom ratefreudigen Krimifan bis zum überzeugten Komödienbesucher zu Begeisterungsstürmen hin.

Einen veritablen Theater-Coup landete Florian Battermann mit seiner Bühnenadaption von Honig im Kopf nach dem international gefeierten Film von und mit Til Schweiger. In der Einrichtung von René Heinersdorff wurde das Stück erstmals am Berliner Schlossparktheater gezeigt und feiert seitdem landauf, landab Triumphe, weil es gelungen ist, eine eigenständige, vom Film unabhängige Version der ebenso rührenden wie komischen Geschichte zu präsentieren. Und so erntet Honig im Kopf bei jeder Produktion „Füßetrampeln und Szenenapplaus“ (Cronenberger Woche), auch weil es dem Stück gelingt, das so ernste und nahe Thema Alzheimer auf sensible Weise zu behandeln und dem Lachen dennoch Raum zu geben.

Die jüngeren Zuschauer kommen bei den Spielplänen nicht zu kurz: 2010 erlebte die Komödie Braunschweig die Uraufführung von Inga Hellqvists Nils Holgersson, 2012 die Uraufführung von Der Zauberlehrling rettet den Weihnachtsmann aus der Feder der gleichen Autorin, 2015 die zweite Produktion des Kindermusicals Käpt'n Sharky von Rainer Bielfeldt nach dessen Uraufführung im Hamburger St. Pauli Theater und 2016 die Uraufführung von Daniela Karps Bambi nach dem Buch von Felix Salten als hinreißendes Weihnachtsmärchen für die ganze Familie. „Ein großartiges Weihnachtswunder“, so die Neue Braunschweiger Zeitung, präsentierte man 2017 mit der Uraufführung von Daniela Karps Eine Weihnachtsgeschichte nach Charles Dickens.

Auch in der Spielzeit 2017/18 bleibt es spannend und abwechslungsreich: der Komödienklassiker Charleys Tante von Brandon Thomas steht in einer Einrichtung von Blaire Woodstein für nur sieben Darsteller auf dem Programm, zudem eine der erfolgreichsten Krimi-Komödien der letzten Jahre: Zwei wie Bonnie und Clyde von Tom Müller und Sabine Misiorny, des Weiteren die Lausbubengeschichten nach den Erzählungen von Ludwig Thoma.

Und die Planungen für die weiteren Spielzeiten sind schon in vollem Gange.

– 31.12.2017