Wenn einer eine Reise tut

Ob Urlaub, Wette oder Notwendigkeit: Reisen erweitert den Horizont – und bewirkt so oftmals die erstaunlichsten Veränderungen. Dabei spielt es keine Rolle, wie weit die Reise geht – um die ganze Welt, ins Nachbardorf oder nur zum eigenen Herzen.

Auf eine Reise durch die Zeit und über mehrere Kontinente führt Andrew Bovells Das Ende des Regens. Die episch angelegte Familiensaga zeichnet über mehrere Generationen das Schicksal der Familie Law/York nach – tragische Verstrickungen, schicksalhafte Begegnungen, Momente der Liebe, des Abschieds und der Hoffnung. In sich überlagernden Bildern und Zeitebenen porträtiert Bovell seine Protagonisten mit geradezu schmerzlicher Intensität – eng verbunden und doch unendlich weit voneinander entfernt. Doch am Ende der Reise – wenn der Regen endet – scheint ein Silberstreif am Horizont zu stehen.

Auf dem Weg in den Urlaub befinden sich die zahlreichen Protagonisten von Frank Pinkus' und Nick Walshs temporeicher Komödie Currywurst mit Pommes. Unterschiedlichste Menschen werden hier gezeigt – Nonnen, Familien, Paare, Freunde –, wie sie an einer Autobahnraststätte Pause machen. Krisen, Probleme, Konflikte: so manches hört die Kioskbesitzerin Penny von den Durchreisenden. Doch wenn sie alle einige Wochen später auf der Heimreise wieder vorbeischauen, hat sich einiges geändert ...

Frank Pinkus zeichnet auch als Autor für eine Road-Movie-Komödie verantwortlich, in der sich fünf nach landläufiger Meinung „Bekloppte“ auf eine Reise machen, die sie alle verändern wird: Crazy erzählt mit ebensoviel Humor wie Herz die Geschichte einer Flucht aus dem vermeintlichen Normalsein.

Nicht im Urlaub, sondern auf der Flucht befindet sich die 20-jährige Sarah in Dagmar Vosteins Komödie Mallorca lässt grüßen – und zwar vor ihrer Familie. Doch sie hat die Rechnung ohne ihre lebenslustige Oma Lörchen gemacht, die kurzentschlossen ihre beiden (geschiedenen) Töchter und ihre Enkelinnen einlädt, gemeinsam ihren „fünfundhmzigsten“ Geburtstag zu feiern. Sarah ist über diesen Überfall alles andere als erfreut. Als dann auch noch der gutaussehende Tauchlehrer Stevie und der goethebegeisterte Mittdreißiger Hartmut auftauchen, gerät das Karussell der Krisen und Gefühle erst so richtig in Schwung ...

Einmal Grand Canyon und zurück – das ist die große Sehnsucht der Bewohner von Padingbüttel in Klaus Kesslers und Jan-Christoph Matthies' gleichnamiger Komödie. Kneipenbesitzer Bernie imitiert Johnny Cash und träumt von der großen Leidenschaft. Corinna Becker bäckt Zimthörnchen und träumt von Bernie. Der Dorfpolizist Justus Krämer sucht den „Macheten-Mörder“ (dessen Opfer preisgekrönte Zuchtkaninchen sind) und träumt von Corinna. In das eintönige Provinzleben schlägt die Ankunft von Karl, dem desillusionierten Städter und der liebestollen Susanne ein wie eine Bombe. Und plötzlich scheint der Grand Canyon gar nicht mehr so weit weg ...

Dass Eltern und Kinder auch gemeinsam höchst vergnüglich auf imaginäre Reise gehen können, beweist unser Familienklassiker In 80 Tagen um die Welt in gleich zwei reizvollen Varianten. Um eine Wette zu gewinnen, verpflichtet sich der exzentrische Phileas Fogg zu dieser abenteuerlichen Fahrt und hat bis zum glücklichen Ende mit seinem Diener Passepartout zahlreiche Abenteuer zu bestehen: in Suez und Yokohama, im indischen Dschungel und auf hoher See. Mit viel Humor, Tempo und schwungvoller Musik adaptierte Jan Bodinus Jules Vernes berühmten Abenteuerroman zu einem höchst sehenswerten Theaterspaß in seiner Bearbeitung. Ganz auf die Mitwirkung der kleinen und großen Zuschauer setzt die kindgerechte und sehr lebendige Bearbeitung von Eberhard Möbius.

– 27.10.2016