Wir trauern um Donald R. Wilde
Ich erinnere mich noch gut an unseren ersten Besuch bei Don und seiner Ehefrau Marjorie, weit außerhalb New Yorks. Er holte meine Frau und mich vom Bahnhof ab, und wir fuhren in seinem Auto noch ein gehöriges Stück, bis wir unser Ziel erreichten. Ein klassisches amerikanisches Familienhaus aus Holz, gemütlich eingerichtet, im Mittelpunkt das Esszimmer und eine Küche mit zwei riesigen Backöfen und zwei Kühlschränken. Hier wurde noch selbst gekocht für die Familie, Freunde und Gäste, und hier fand das Leben statt. Es wurde ein langer, wundervoller Abend.
Don und Marjorie liebten das Reisen, und so ließen sie es sich nicht nehmen, auch einmal nach Deutschland zu kommen, um sich in Düsseldorf und in Köln Produktionen seiner Stücke anzuschauen. „Würde uns eine gute Fee einen Wunsch gewähren“, so sagten die beiden bei dieser Gelegenheit, „dann würden wir uns gerne in jedem Land, das wir besuchen, in der Muttersprache verständigen können“. – Weltoffener und den Mitmenschen zugewandter kann man nicht sein. Beide interessierte Zuhörer, neugierig, eloquent und liebenswert; Don in seinem Beruf und als Autor ein Meister der Sprache. Von ihm lernte ich eine Grußformel zum Abschluss eines Briefs: „Fondly“, was so viel heißt wie liebevoll, zärtlich, vorsichtig.
Donald R. Wilde schrieb für Menschen, und damit waren sowohl die Schauspieler auf der Bühne gemeint, als auch die Zuschauer im Theater. Ein Geschichtenerzähler, der neben aller Komik nie die Menschlichkeit vergaß, und so erreichte er das Publikum über Sprachen- und Kulturgrenzen hinweg. Nicht anders ist zu erklären, dass seit vielen Jahren seine Komödien im In- und Ausland, von Profi- ebenso wie von Amateurbühnen geliebt werden. Die große Hamburger Schauspielerin Ida Ehre wurde in „Jenny oder die Jugend des Alters“ stürmisch gefeiert, Grit Boettcher, Evelyn Hamann und viele weitere Schauspielerinnen begeisterten das Publikum in seinen warmherzigen Stücken, Walter Plathe feierte in „Nun reicht's aber“ Erfolge, und gerade erst endete die Serie von „Was dem einen recht ist“ auf Niederdeutsch am Hamburger Ohnsorg-Theater. Es ist wunderbar, erleben zu dürfen, wie seine Geschichten die Menschen erreichen.
Der Autor all dieser Theaterstücke wurde in den letzten Monaten immer stiller. Alzheimer. Lange saß er noch mit einem Papierblock und einem Stift zuhause in seinem Sessel, um die Ideen, die er immer noch hatte, aufschreiben zu können. Aber auch das ging bald nicht mehr, und am Ende verstummte der Mann, der so viel zu erzählen hatte. Am 20. April 2015 ist Don gestorben.
Fondly,
Wolfgang Neruda
– 20.04.2015