Märchen aus good old England

Plum pudding und Truthahn, Mistelzweig und Papierkrone – die britische Weihnachtstradition unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der hiesigen. Zu den Gemeinsamkeiten gehört jedoch eine höchst lebendige (vor-) weihnachtliche Theaterleidenschaft, und der Besuch eines weihnachtlichen Kindermärchens ist auch für viele britische Familien fester Bestandteil des vorweihnachtlichen Programms. Bei uns finden Sie die schönsten britischen Märchen und Weihnachtsgeschichten auch auf Deutsch.

Das britische Weihnachtsmärchen schlechthin ist die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. Die Geschichte des geizigen Grantlers Scrooge, der von den Geistern der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Weihnachten zu einem besseren Menschen bekehrt wird, gehört mittlerweile gerade in den anglophonen Ländern gewissermaßen zur weihnachtlichen DNA. „Sehr eindringlich,aber auch sehr unterhaltsam“ (Augsburger Allgemeine) adaptierte Marc Gruppe die anrührende Erzählung unter dem Titel Fröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge! für die Bühne.

Auch Oliver Twist vermittelt letztlich eine tröstliche Botschaft, findet der einsame Waisenjunge nach Not und Gefahr doch schließlich ein neues Heim bei seinem Wohltäter Mr. Brownlow. Besonders phantasievoll verarbeitete Heinz Wunderlich den Stoff – Straßenschauspieler führen hier die Geschichte von Oliver Twist auf. Das Musical mit der mitreißenden Musik von Wilfried Hiller bezaubert das Publikum immer von neuem – beispielsweise in der seit 2007 währenden Aufführungsserie des Frankfurter Papageno-Theaters. Doch auch als reines Sprechtheaterstück in der Fassung von Dietrich Korten erfreut Oliver Twist sich des ungebrochenen Zuspruchs von Bühnen und Publikum: „Sehr traurig. Und sehr schön“, wie das Göttinger Tageblatt es treffend auf den Punkt brachte.

Weihnachtliche Kindheitserinnerungen beschwört für viele die Geschichte des kleinen Cedric Errol herauf, der aus Amerika zu seinem verbitterten Großvater, dem Earl of Dorincourt, zitiert wird, und dem es schließlich gelingt, dessen Herz durch seine liebenswerte Art zu erweichen: Ohne Der kleine Lord sind die Feiertage einfach nicht vollständig, und auf der Bühne lädt die herzerwärmende Geschichte zu weihnachtlichem Genießen ein: Christian Berg und Konstantin Wecker schufen eine ebenso witzige wie warmherzige Musicalfassung von Der kleine Lord mit zahlreichen Songs von rockig und frech bis zutiefst berührend. Aus der Feder von Marc Gruppe stammt Der kleine Lord Fauntleroy, eine gelungene Sprechtheaterfassung des bekannten Werks.

Von ganz eigener poetischer Kraft ist das Schaffen des Schotten James Matthew Barrie – allen voran sein bekanntestes Werk Peter Pan. Ob als Buch oder Film: Die Geschichte des ewig jungen Peter, der mit Hilfe von Michael und Wendy den bösen Captain Hook besiegt, kennt einfach jeder. Und unter den drei verlagseigenen Versionen der zauberhaften Geschichte – von Marc Gruppe, Jan Bodinus und Christa Margret Rieken – findet sich denn auch für jede Besetzung und jeden Geschmack die geeignete.

Einer Erkältung verdankt die Welt die Entstehung der Die Schatzinsel: Da der Schotte Robert L. Stevenson verschnupfterweise nicht wandern gehen konnte, verlegte er sich aufs Kartenzeichnen mit seinem Neffen – und prompt war die Idee zu seinem berühmten Abenteuerroman geboren. Nicht nur an Weihnachten ist diese spannende Abenteuergeschichte über Piraten und Schatzsucher ein echter Publikumsmagnet – und in der Bühnenfassung von Marianne Schubart und Gerd Müller kommen Fans von Spannung und Abenteuer voll auf ihre Kosten, wenn Jim Hawkins und Long John Silver mit ihren Genossen auf große Fahrt gehen.

Noch ein weiteres Werk Stevensons findet sich bei uns im Programm: Seinen berühmten Roman Dr. Jekyll und Mr. Hyde adaptierten Mareike Jonas und Wolfgang Neruda zum spannungsgeladenen Bühnenthriller Jackie und Hyde.

Very British geht es in Oscar Wildes Gespenst von Canterville zu – so jedenfalls würde der spukende Titelheld es sich wünschen. Als jedoch eine Horde Amerikaner sein ehrwürdiges Schloss heimsucht, ist es mit der Ruhe bald vorbei. „Gar schaurig-komisch“ (Heidenheimer Zeitung) erzählt die höchst amüsante Theaterfassung von Eberhard Möbius von den erfolglosen Versuchen des Gespensts, den neuen Schlossbewohnern einen Schrecken einzujagen. In der Bearbeitung von Christa Margret Rieken, Hubert, das Gespenst von Canterville nimmt das Geschehen eine etwas andere Wendung: Schlossgespenst Hubert darf hier durch eine Mutprobe am Ende seine Eignung unter Beweis stellen. In der Fassung von Eberhard Möbius ist Das Gespenst von Canterville noch bis März 2015 an der Badischen Landesbühne Bruchsal zu sehen.

Auch wenn er große Teile seines Lebens in Indien und den USA verbrachte: Rudyard Kipling war ohne Zweifel einer der bedeutendsten britischen Autoren des späten 19. Jahrhunderts. Hierzulande ist sein Name untrennbar verbunden mit seinem wohl erfolgreichsten Buch, dem Dschungelbuch. Das bunte Treiben dieses Urwaldabenteuers von Wölfen, Bären, Tigern und Affen ist ein Fest für jede Bühne – und ein phantastischer Theaterspaß gerade für Kinder. Unter gleich vier hochkarätigen Bearbeitungen des Stoffs können die Bühnen bei uns wählen: Nah am Disney-Film bleiben die Fassungen von Jürgen Peter und Frank Pinkus; Bernd Kolarik nahm Elemente des epischen Theaters auf, Christa Margret Rieken setzte mit einer neuen Figur, dem chaotischen Waschbären Bruce, einen ganz eigenen Akzent. Und dann gibt es da noch das Musical von Christian Berg und Konstantin Wecker: „Frisch, witzig und poetisch“ (Mitteldeutsche Zeitung) wartet diese Fassung mit rappenden Schlangen, rockenden Geiern und tanzenden Bären auf – und reißt Groß und Klein zu Begeisterungsstürmen hin.

– 16.12.2014