Theater auf der Burg, in der Burg und drumherum
Ein glückliches Händchen hatte man bei der kultBurG: Das jüngste Stück eignete sich hervorragend für die Spielstätte in der Burg Alzenau – denn an kaum einem Ort spielt die Umgebung so stark mit wie in alten Gemäuern.
Die Wahl fiel auf Das Ding der Nibelungen, und nicht nur die Kulisse, auch das Stück kam hervorragend an. Über dessen Entstehung schrieb der Autor Ingo Sax anlässlich der Uraufführung: „In der Schule hat man sie mir noch beigebracht, die „Deutschen Heldensagen“, irgendwo untergestellt zwischen Heimatkunde, Geschichte und Deutsch, und ich war begeistert von dem, was ich da hörte. Lüge, Betrug, Intrige, Mord, Totschlag, Erpressung, Menschenraub, das wirbelte in diesen Geschichten nur so durcheinander. Da floss das Hunnenblut in Strömen die Stufen der Etzelsburg herunter, List, Gemeinheit und Wortbruch waren an der Tagesordnung. Doch dann wurde ich älter, die Begeisterung ließ stark nach und das Wort „Nibelungentreue“ bekam einen sehr schlechten Beigeschmack. Nachdem ich Wagners Ring der Nibelungen und Hebbels Nibelungen, angeblich „das deutsche Nationalepos“, hinter mich gebracht hatte, waren die Helden von damals für mich zu urkomischen Figuren geschrumpft. Doch die jungen Leute wissen kaum noch etwas von Krimhild, Brunhild, Siegfried, Gunther und Hagen, die Heldensagen werden nicht mehr gelesen und so vergessen. Aber das muss nicht sein, wir nehmen die Helden gründlich unter die Lupe, sehen ihnen auf die Finger, diesen alten Intriganten, Lügnern und Totschlägern und so viel Heldenhaftes bleibt wohl nicht übrig. Die starke Brunhild wird wieder von zwei Männern besiegt, Krimhild wandelt sich vom süßen Mädchen in eine racheschnaubende Furie und Siegfried kriegt wie üblich das meiste nicht mit, dafür aber Hagens Speer in’s Kreuz. Und das alles bloß weil Gunther unbedingt Brunhild heiraten musste. Dabei kriegen sich die Frauen in die Haare, die Männer geraten zwischen die Fronten und das Ergebnis ist eine Katastrophe, also alles ganz alltäglich. Und wäre Siegfried nicht gestorben, dann hätte er wohl irgendwann als Rentner seinen Enkeln auf der Tasche gelegen und nichts wäre mit Heldentum. Ist schon besser so, dass Hagen ihm den Speer durch das von Kriemhild gestickte Kreuz jagt, denn nur tote Helden werden unsterblich.“
Die nicht minder populäre Artus-Sage diente als Folie für eine andere respektlos-humorvolle Neuschreibung der Heldengeschichte(n), und so feierten vor fast genau 25 Jahren Die Retter der Tafelrunde von Frank Pinkus und Nick Walsh im Wuppertaler Theater in Cronenberg Uraufführung und sind seitdem ein Garant für Spaß bei den Zuschauern (und nicht minder bei den Schauspielern), denn hier kann das Publikum wunderbar in das Spiel mit einbezogen werden.
Ein weiteres Stück, das besonders in passender Location seinen ganz eigenen Reiz entfalten kann, ist Dracula — uraufgeführt am Hamburger Imperialtheater, wurde Frank Thannhäusers großartig-gruselige Bearbeitung bereits open air auf Schloss Hohenlimburg gezeigt.
Dass man dem wohligen Schauer auch ganz viel Komik abgewinnen kann, beweist Hirn!, die erfolgreiche Grusel-Horror-Komödie aus der Feder von Tom Müller und Sabine Misiorny.
Nicht unerwähnt bleiben darf die variabel besetzbare und zeitgemäße Bearbeitung Jürgen von Bülows von Das Gespenst von Canterville, die in diesem Jahr ab 28. Juni auf der Freilichtbühne der Burgbühne Oberkirch zur Aufführung kommt.
Wenn ein jüngeres Publikum angesprochen werden soll, ist folgender Gespensterspaß die richtige Wahl: Alles lacht um Mitternacht von Lisa Hanöffner oder Das kleine Schlossgespenst von Jan Bodinus und natürlich auch das Ritterspektakelstück Kasper auf Burg Rabenstein von Jiri Lechner.
– 12.06.2025