Planken, die die Welt bedeuten
Man spricht von den „Brettern, die die Welt bedeuten“, aber wer sagt denn, dass sich diese in einem Theaterbau befinden müssen? Viele erfolgreiche Produktionen gibt es auch auf Theaterschiffen zu sehen!
Es ist erstaunlich, was auf doch zumeist recht begrenztem Bühnenraum alles zu sehen ist. Kleinstbesetzungen sind hier natürlich gerne gewählt und passen wunderbar in den mitunter recht kuscheligen Schiffsbauch. Wie zum Beispiel Angelika Bartrams Mitten ins Herz, das Lussi's kleine Bühne gerade auf dem Theaterschiff Maria Helene in Beckingen zeigte, eine wunderbare Zwei-Personen-Komödie voll schwarzen Humors, in der ein Notfall-Techniker am Ende nicht nur den Fernseher, sondern auch die lebensmüde Sieglinde rettet – wenn es das Publikum will. Auf der Maria Helene wogten die Bäuche der Zuschauer vor Lachen auch schon bei weiteren 2-Personen-Stücken, z.B. bei Candlelight und Liebestöter, einem wortwitzigen, unglaublich komischen Kabinettstück über die feinen Unterschiede zwischen Mann und Frau von Tom Müller und Sabine Misiorny, oder auch bei der mehr als ungewöhnlichen Urlaubsromanze Runter zum Fluss von Frank Pinkus.
Auf dem Theaterschiff Bremen lief im Frühjahr eine höchst komödiantische Partnersuche: Traumfrau verzweifelt gesucht von Tony Dunham erzählt – ebenfalls in Kleinstbesetzung – voll köstlicher Satire und einem Hauch von Melancholie vom Verlieren, Suchen und Finden von Partnern. „Wer Lust auf einen fröhlichen Theaterabend hat und sich über ungewöhnliche menschliche Balzrituale amüsieren möchte, ist hier bestens aufgehoben“, kommtentierte einmal das Magazin „ultimo Lübeck“ ganz treffend.
Auf dem Lübecker Theaterschiff heizten in diesem Jahr die Landeier 2 von Marco Linke dem Publikum ordentlich ein. Die zweite Komödie um die Jungbauern Jan, Jens und Richard, die im ersten Teil Landeier (Autor: Frederik Holtkamp) 2011 auf den Lübecker Planken mit ihrer kuriosen Frauensuche wahre Lachsalven verursachten, wagt mit den Jungs nun den Schritt in Richtung Damentanzgruppe. Denn beim Scheunenfest ist ein entsprechendes Preisgeld ausgeschrieben, das dringend nötig ist, um die Schulden der Stammkneipe zu tilgen. Auch hier bleibt kein Auge trocken.
Zahlreiche weitere Schiffe schaukeln regelmäßig im Gelächtermeer, beispielsweise mit Frank Pinkus' und Nick Walshs Messe-Diener, dem haarsträubend komischen Kleinkrieg zweier Messevertreter, die sich wegen Überbelegung ein Zimmer teilen müssen, im vergangenen Jahr auf dem Theaterschiff Stuttgart. Auf dem Theaterschiff Heilbronn erfreuten 2012 Suche impotenten Mann fürs Leben nach dem gleichnamigen Bestseller von Gaby Hauptmann (Bühnenadaption: Florian Battermann) genauso wie im Jahr zuvor die glamouröse Revue-Komödie Ganze Kerle! von Kerry Renard. Das beliebte dilettantische Gaunerpärchen Manni und Chantal, das bei jedem neuen Bankraubversuch noch komischer scheitert, enterte z.B. 2010 in Zwei wie Bonnie und Clyde (von Tom Müller und Sabine Misiorny) das Theaterschiff Potsdam. In Wedel zeigte man auf dem Schiff Batavia 2008 Valentinstag von Barry Creyton, eine schwarzhumorige und sehr wendungsreiche Geschichte um die trickreiche Herzensbrecherin Amelia und ihre geschröpften Opfer, die auf Rache sinnen.
Natürlich gibt es auch großartige Stücke, die das Thema Schiff selbst in sich tragen. Diese sind ideal für Schiffsbühnen, funktionieren aber sicherlich überall. Drei Mann in einem Boot von Bea Helmer nach dem gleichnamigen Roman von Jerome K. Jerome beispielsweise lief „mit viel Situationskomik ... sehr zum Vergnügen des Publikums“ (Neue Braunschweiger Zeitung) bereits erfolgreich in Hannover und Braunschweig und wird 2018 in der Spessartgrotte in Gemünden zu erleben sein. Bord-Geflüster von Kerry Renard, eine „Geschichte, die auf turbulente, romantische und amüsante Art das wahre Leben widerspiegelt“, so der Lokalkompass Essen anlässlich der Inszenierung des Theaters Extra in Essen, feierte gerade im Wuppertaler Theater im Tanzhaus Premiere. In wunderbar abwechslungsreichen Episoden wird die Geschichte eines Paares von den Flitterwochen bis zur Silberhochzeit an Bord verschiedener Kreuzfahrtschiffe präsentiert; auch das plattdeutsche Pendant Kabbelig up See konnte man just auf dem Eckwarder Hof in Butjadingen erleben.
– 12.10.2017