Halbgötter in Weiß – zum Lachen und zum Fürchten

Ärzte sind beliebte Bühnenhelden – sowohl in Komödien als auch im Grusel-Fach. Mit einer wahren Freudenkur durch hochdosierten Humor behandeln die „Halbgötter in Weiß“ die Zuschauer schon in der zweiten Spielzeit in der Hauptstadt. Und nicht nur das. Der Ärzte-Knüller des Schlosspark Theaters geht auch bald auf Tournee.

Die Rede ist von Ray Cooneys Und alles auf Krankenschein, einer exzellent gebauten, überdrehten englischen Komödie, in der ein Krankenhaus mehr und mehr zum Tollhaus gerät, weil der Chefarzt von jugendlichen Fehltritten eingeholt wird und diese natürlich mit allen Mitteln zu vertuschen sucht. Das Resultat: „Die Darsteller fallen von einer Notlüge in die nächste, irrwitzige Turbulenzen jagen in atemberaubendem Tempo über die Bühne. Dieser Klinik-Aufenthalt ist ein nervenaufreibendes Spektakel, das dem Zuschauer vor Lachen schmerzende Bäuche garantiert – und das alles ohne Krankenschein.“ (B.Z.).

Eine prächtige, medizinisch verursachte Lachkur verschreiben dem Zuschauer auch andere herrliche Komödien. Zum Beispiel Stanley Prices Ein Joghurt für zwei. Schauplatz für das irrwitzige Geschehen ist hier eine Diätklinik. Lebemann Amadeus Fischer, verdammt zu schmaler Kost, muss hier nicht nur mit der Lebensmittelbeschaffungsfrage kämpfen – sondern auch noch seine mühsam rangeschafften Extraportionen plötzlich mit dem entflohenen Knasti Kutte Kaminski teilen. Und der hat nicht nur eine Waffe, sondern auch großen Hunger ... „Von Beginn an sind es der Witz der Dialoge und die Rasanz des Personenkarussels, die den Unterhaltungswert hoch halten.“ (Frankfurter Rundschau)

Nicht minder unterhaltsam bedient sich John Grahams Wer will schon Doktor werden? der beliebten Ärzte-Thematik und macht sie zu einer Familienkomödie erster Güte mit einer wunderbaren Mischung aus Pointen und gefühlvollen Momenten. Mit der ausgewogenen Besetzung aus drei sehr unterschiedlichen Damen- und ebensovielen differenzierten Herrenparts bietet die Komödie einladende Rollen und bleibt gleichzeitig mit nur einer Dekoration leicht realisierbar.

Schön böse-komisch geht es bei Tony Dunhams Doktor-Spiele zu, einer Komödie für drei Darsteller, die die Grenzen austestet zwischen erträumter Schwarzwaldklinik-Romantik und zynischer Klinikrealität – voll scharfzüngiger Dialoge und hervorragend platzierter Pointen.

Nicht fehlen beim Thema darf natürlich auch der allseits beliebte Landarzt mit seinen originellen Patienten nicht. Ina Nicolai schickt in Wilhelms Vermächtnis – Niederdeutsche Version: Willem sien Willen – den eingefleischten Städter Dr. Jan Vahlefeldt mit Tochter Lisa in die Provinz, wo Jan die Praxis seines Onkels Wilhelm übernehmen soll. Ein idealer Stoff für eine Komödie, den die Autorin äußerst amüsant und voll menschlicher Wärme lebendig werden lässt – und das Publikum lachend Gewahr wird, wie sich der arrogante Städter mehr und mehr zu einem schlitzohrigen Landei entwickelt.

Ähnlich charmant löst Jörg-Peter Hahn in der niederdeutschen Komödie Uns lütten Dokter die Nachfolge-Frage in der Landarztpraxis von Doktor Herzig. Als der Landarzt in spe ein paar Tage in den Praxisalltag hineinschnuppert, begenen ihm vorwiegend Misstrauen und kauzige Dorfbewohner. Doch mit Hilfe der handfesten neuen Sprechstundenhilfe Anke, die die Leute ihres Dorfes zu nehmen weiß, und einer Menge Verständnis für menschliche Schwächen gewinnt Dr. Ivo Drabnic bald auf ganzer Linie ... Eine charmante Komödie über die manchmal nicht ganz leichte Integration in eine eingespielte Dorfgemeinschaft.

Doch Landärzte sind nicht immer nur freundliche, liebenswerte Zeitgenossen. Das Leben mit ihnen kann auch ziemlich ungemütlich sein. Wie zum Beispiel in Norman Robbins' rätselhaftem Thriller Tod auf Rezept: Fühlt sich Barbara etwa einfach nur vernachlässigt, oder will jemand sie elegant aus dem Weg räumen, um an ihre hohe Lebensversicherung zu gelangen oder um ihren charmanten Mann Dr. Richard Fear endlich ganz für sich zu haben? Ein einfallsreiches Spiel mit zahlreichen Verstrickungen und nicht nur einer unerwarteten Wendung halten Protagonisten und Publikum in Atem!

Auch für das nervenaufreibende Fach, den atemraubenden Thrill eignet sich ein Hospital ausgesprochen gut. Dort zum Beispiel findet sich eine Gruppe von Patienten und Ärtzen in Sebastian Fitzeks Der Seelenbrecher (Bühneneinrichtung Marc Gruppe) einem wahnsinnigen Verbrecher gegenüber. Durch einen Schneesturm von der Außenwelt abgeschnitten, sehen sie sich mit einem Monster konfrontiert, das Menschen innerlich zerbricht und ihren geistigen Kontakt zur Außenwelt unterbindet. Ein mörderischer Wettlauf gegen die Zeit beginnt ...

Vor gefährlichen Abgründen sind auch erfahrene Psychiater nicht gefeit. Das erfährt Dr. Viktor Larenz in Die Therapie, einer weiteren fesselnden Bühnenadaption von Marc Gruppe nach einem Bestseller von Sebastian Fitzek, am eigenen Leib. Als er die Behandlung der schizophrenen Anna Spiegel übernimmt, tritt etwas zu Tage, dass ihn an den Rand seiner Existenz bringt ... und den Zuschauer bis zum Schluss – und möglicherweise sogar darüber hinaus – nicht mehr loslassen wird.

– 15.07.2016