Mitternachtsspitzen

Ein Motiv – und gemeint ist damit nicht das aus Malerei und Fotografie bekannte – ist in jedem Kriminalfall ein wichtiger Treiber, aber zur Beruhigung darf festgestellt werden, dass es nicht immer die nach dem Erbe trachtenden Angehörigen sind, die den Erblassern beim Wechsel vom Dies- ins Jenseits behilflich sein möchten. Manchmal aber doch ...

In bester Hitchcock-Manier entstand 1960 mit Doris Day und Rex Harrison in den Hauptrollen die Verfilmung von Janet Greens Krimi Mitternachtsspitzen, der in der Übersetzung und Inszenierung von Frank Thannhäuser jetzt am Hamburger Imperial Theater Premiere feiert. Ist es womöglich der eigene Ehemann, der der jungen, glücklichen, frisch verheirateten Lesley nach dem Leben trachtet? „Es sind packende Thrilling Sixties.“ (Hamburger Abendblatt) und „Ein amüsanter Abend, der glücklich macht. Der Jubel wollte kein Ende nehmen.“ (NDR 90,3)

Schwarzhumorig geht es bei den Comedy-Thrillern von Norman Robbins um die Familie Henk zu. Hier gilt nicht nur: Wenn einer stirbt, streiten sich die Erben. Hier heißt es eher: Wenn einer stirbt, töten sich die Erben. Denn Morden gehört bei den Henks zum täglich Brot. Nur – amüsanter ist es selten gewesen. Zum Beispiel im mordskomischen Familienkrieg, der in Schau nicht unters Rosenbeet losbricht, als die Schundroman-Schreiberin Miss Ash Alleinerbin des Familienoberhauptes werden soll. Nicht zu verachten ist auch die Fortsetzung der makabren Geschichten um die schrecklich tödliche Familie in Zum Henker mit den Henks, die mit überdrehten Figuren, mörderischem Witz und den verschiedensten Todesarten aufwartet.

Ganz und gar tot ist auch Beatrice Moormann nach dem Genuss ihrer Amarettobowle. Wer hat hier Gift gemischt? Und warum? Spielt hier eventuell auch eine Erbschaft eine Rolle? Finden Sie es raus in Amaretto, einem humorvollen und aufregenden Krimi von Ingo Sax.

Aber es muss ja nicht bis zum Mord kommen – eine Entführung tut es gelegentlich auch. Zum Beispiel Charlie Babbit in der bekannten Geschichte Rain Man, der erst durch ein Erbe, das ihm versagt wird, seinen autistischen Bruder kennen und lieben lernt. Dan Gordon hat eine Bühnenfassung hingelegt, die dem gefeierten Film mit Dustin Hoffman und Tom Cruise in keinster Weise nachsteht.

Eine solch positive Entwicklung nach einer Erbschaft ist jedoch eher selten – meist zeigen sich die (potenziellen) Erben von ihrer scheußlichsten Seite. Das weiß auch Lina von Haagen. Deshalb macht sie sich auch regelmäßig einen Spaß daraus, ihre ungeliebte Verwandtschaft durch die Ankündigung ihres nahenden Todes um sich zu scharen. Doch nun passiert es wirklich – und das ist der Startschuss für Walter G. Pfaus' urkomische Mördersuche in Erben ist nicht leicht.

Das Erbe sichern, nämlich für den rechtmäßigen Nachfolger, möchte auch Johannes Hartburg. Aber was tun, wenn plötzlich vier junge Männer vor der Tür stehen und Ansprüche geltend machen? Wenn obendrein auch noch Winkeladvokat Charly und ein bestechlicher Hausdiener mitmischen? In Ray Cooneys Farce „Einer für alles“ fliegen die Fetzen – zum Brüllen komisch, höchst turbulent, Boulevard der besten Sorte.

Beim Erben hört der Spaß eben doch nicht auf.

– 14.03.2014