Da fliegen die Fetzen
Das macht einfach Spaß: urwüchsigen Typen zusehen, wie sie sich in die unmöglichsten Situationen manövrieren und sich daraus mit Schlitzohrigkeit und Mutterwitz wieder befreien. Kommen dazu noch schlagfertige Wortwechsel – gerne natürlich in Mundart – eine geschickte Dramaturgie und aktuelle Plots ist das wirklich „Volkstheater at its best“. Ein brandneues Stück von Walter G. Pfaus und einige Evergreens stellen wir hier vor.
Was sich liebt, das neckt sich. Oder in der Version von Familie Schwarz: Wo geliebt wird, Da fliegen die Fetzen. Und das geschieht ordentlich in der gleichnamigen neuen und sehr heiteren Komödie von Walter G. Pfaus. Da kabbeln sich nicht nur Opa Fritz und Oma Doris – auch Tochter Laura und ihr Mann Michael haben sich gehörig in den Haaren. Und der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Enkelin Melanie liegt mit ihrem Freund Roland massiv im Clinch. Dass sie schwanger ist, macht die Sache nicht einfacher. Wie gut, dass es die energische Uroma Alma gibt, die allen zum richtigen Zeitpunkt einmal gehörig den Kopf wäscht – und wenn es sein muss, greift sie dafür auch mal zu ungewöhlichen Methoden ... oder gar zum Gewehr!
Ähnlich zum Brüllen ist auch Landeier von Frederik Holtkamp, das seit seiner gefeierten Uraufführung im Oktober 2011 auf dem besten Weg zum Bühnendauerbrenner ist. "Bauern suchen Frauen“ – der Untertitel ist das urkomische Programm einer Komödie voll herrlicher Charaktere, schmissiger Dialoge und allzu menschlicher Einsichten. Diesen Schenkelklopfer gibt es übrigens auch auf Niederdeutsch.
In Eier ... logisch ... biologisch schöpft Autor Norbert Tank mit vollen Händen aus den Mitteln des Volkstheaters – mit dem cleveren Knecht Hinnerk, der tumben Haushälterin Gesche, dem ganz und gar finanziell orientierten Legebatterie-Besitzer Rudi, dem braven, aber überforderten Dorfpolizisten Ole und den beiden Schwägerinnen Frieda und Gesiene sind ihm herrliche Rollen gelungen, die im Alltag des Geflügel-Hofs und der Liebes-Verwirrungen für Stimmung und Aktion sorgen. Das funktioniert auch wunderbar auf Niederdeutsch oder Bayerisch.
Lustig weiter geht's mit Nestroy auf Niederdeutsch im Singspiel Jümmer mal – op un dal von Ernst Jakob Hansen. Denn Rotschopf Titus Rodvoss bringt sich mit verschiedenen Perücken in einen gehörigen Schlamassel, vor allem bei der Damenwelt. Ein fröhliches, sehr witziges Verwirrspiel mit überraschenden Pointen.
Nicht erst seit der legendären Inszenierung mit Heidi Kabel am Hamburger Ohnsorg-Theater ist Jack Popplewells Keine Leiche ohne Lily zum regelrechten Klassiker avanciert. Grethe Weiser, Anita Kupsch und viele weitere machten sich die Rolle der neugierigen, spitzfindigen Putzfrau zu eigen und ernteten Lachsalven in allen erdenklichen Sprachen und Mundarten.
Eine herrliche Frauen-Rolle, sogar in doppelter Form, findet sich auch in Einmal die Wahrheit von Karlheinz Komm. Hier werden so manche politische Seitenhiebe ausgeteilt – pointiert und entwaffnend komisch. Und beinahe noch handfester wird's op Platt oder in Schweizer Mundart.
Last not least darf der großartige Komödien-Klassiker Diener zweier Herren von Carlo Goldoni in dieser Reihe großartiger Volksstücke nicht fehlen. Franz Wirtz hat eine hinreißende und dynamische Fassung um den gewitzten Diener Truffaldino für die Bühne entworfen.
Viel Vergnügen!
– 23.10.2013