Alle lieben Aschenbrödel, Aschenputtel, Cinderella

Tausendmal erzählt, gelesen, verfilmt und gespielt – und immer wieder bezaubernd ist eines der beliebtesten Märchen schlechthin: Die Geschichte vom armen, ungerecht behandelten und verhöhnten Mädchen, das am Ende zu seinem Recht und Glück kommt. In dieser Weihnachtssaison sind verschiedenste Bühnenversionen des Märchens quer durch Deutschland zu sehen.

Oft entschieden hat man sich in diesem Jahr für die kurzweilige, spielfreudige und gleichzeitig sehr märchenhaft gebliebene Bühneneinrichtung des Aschenputtel von Horst Arenthold. Das Märchen sprüht vor Witz in den Dialogen und liefert viele einfallsreiche Spielangebote, so dass es sich auch schon für ein junges Publikum ab drei Jahren eignet – wunderbar ergänzt durch schöne Musik von Hendrik Riehemann. Als Weihnachtsmärchen 2016 war dies zu erleben beispielsweise bei der Filderbühne Sielmingen, der Hans Sachs Bühne Bergedorf oder der Freilichttheatergemeinschaft Westerstede.

Ein weiteres Aschenputtel wird am Bernburger Theater gezeigt. Hier zeichnet Hans Thoenies für die Adaption verantwortlich. Seine Version ist munter und integriert einige ganz neue liebenswerte Figuren wie z.B. ein paar etwas dusselige Räuber oder Tom, den Freund des Prinzen, die viel Schwung auf die Bühne bringen. Vor allem aber verzichtet das Stück auf das Wunder und bietet eine sehr menschliche und dennoch (vielleicht besonders) zauberhafte Lösung an.

Natürlich bietet sich der Aschenputtel-Stoff auch für ein Musical an. Erfolgsautor Christian Berg, aus dessen Feder diverse erfolgreiche Familienmusicals stammen, hat gemeinsam mit Mirko Bott und Timo Riegelsberger eine ganz eigenständige Märchenvariante nach Bozena Němcovás Erzählung Drei Haselnüsse für Aschenbrödel geschaffen. Mal romantisch und verträumt, mal schwungvoll und witzig, mal spannend und rasant untermalt Riegelsbergers Soundtrack die Handlung, rückt jede Figur ins gebührende Licht – und auch das Publikum ist an vielen Stellen eingeladen, mitzumachen. Uraufgeführt als große Tournee-Produktion bewies die diesjährige Produktion an der Geschwister-Scholl-Schule in Leutkirch, dass Musicals auch von kleineren Theatergruppen erfolgreich auf die Bretter gebracht werden können.

Und ein weiteres Mal hat sich Christian Berg an den berühtem Stoff gemacht und diesmal zusammen mit dem bekannten deutschen Kinderliedermacher Volker Rosin ein Cinderella-Musical kreiert. Christian Berg und Volker Rosin laden bei diesem Party-Musical ausdrücklich zum Mitmachen, Mitsingen und Mittanzen ein und liefern ein fantasievolles, wirklich originelles Theatererlebnis, getragen von packenden und gefühlvollen Ohrwürmern. Zu sehen derzeit an der Berliner Komödie am Kurfürstendamm.

Und man kann diese wunderbare Geschichte immer wieder neu erzählen. Dies beweist die Bühnenfassung Cinderella und der grüne Schuh von Manfred Hinrichs, die gerade erst ihre Uraufführung bei der Ruhrbühne Witten feierte. Und auch gleich eine zweite Bühne konnte sich für das neue Märchen begeistern, das miniMax Saarwellingen. Manfred Hinrichs erzählt das Märchen in Form einer vergnüglichen Fabel voll spaßiger, sehr eindeutiger Tiercharaktere, und somit sehr gut nachvollziehbar schon für ein junges Publikum ab drei Jahren. Die eingängigen Lieder von Stefan Hiller liefern zusätzlich fröhlichen Schwung.

Und es gibt sogar noch weitere Bühnenversionen von gemütlich-traditionell über romantisch-verspielt bis satirisch-überspitzt, mit kleiner Besetzung oder für große Ensembles:

Johannes Stricks Bearbeitung von Aschenputtel etwa scheut sich nicht vor deutlichen Überzeichnungen, um auch das Absurde in manchen Märchen-Situationen deutlich zu machen.

Wulf Leisner bleibt in seinem Aschenputtel hingegen ganz klassisch-märchenhaft.

Georg A. Weth, dessen Bühnenbearbeitungen auf Tourneen bis nach Japan reisten, präsentiert in seinem Aschenputtel eine heutige Fassung mit romantischem Unterbau.

Gerda Marie Scheidl bleibt bei ihrem Aschenputtel ebenfalls eng bei den Brüdern Grimm, baut das Original aber vorsichtig aus.

Die Bühnenfassungen von Robert Bürkner sind vielleicht die klassischsten Märchen-Fassungen schlechthin, allesamt kindgerecht und auch für kleinere Kinder leicht verständlich, und auch Aschenputtel bleibt eng am Original, vorsichtig und zurückhaltend.

Deutlich frecher kommt Ingo Sax daher mit seinem Aschenputtel, und der Untertitel „Braven Mädchen hilft nur ein Wunder“ dieser Fassung, die für Kinder ebenso komisch ist wie für Erwachsene, ist Programm und erlaubt einen neuen, schrägen Blick auf ein vermeintlich ganz klassisches Märchen.

– 22.12.2016